Prolog

Begründer der modernen Archäologie und Kunstgeschichte, Wegbereiter des deutschen Klassizismus, Virtuose der Kunstbeschreibung – Johann Joachim Winckelmann hat die europäische Kulturgeschichte auf einzigartige Weise geprägt. Die Klassik Stiftung Weimar und die Alexander-von-Humboldt-Professur für neuzeitliche Schriftkultur und europäischen Wissenstransfer (MLU Halle-Wittenberg) haben ihm anlässlich seines 300. Geburtstags im Neuen Museum Weimar vom 7. April bis 2. Juli 2017 eine Ausstellung gewidmet, die die Faszinationskraft seines außergewöhnlichen Lebens und seines epochalen Werks zeigt, in dem Antike und Moderne einander begegnen.

In Halle begann Winckelmann sein Studium; im Weimar der Zeit um 1800 wurde er in den Rang eines Klassikers erhoben. Sowohl von seinem Lebensweg als auch von seiner Wirkung her ist er vor allem aber eine europäische Figur, deren Ausstrahlung zudem weit über die Grenzen der Kunstgeschichte und Archäologie hinausreicht. So hat Winckelmann grundlegende Fragen der Anthropologie, Ethnologie und der gesellschaftlich-politischen Sphäre beeinflusst.

Einblicke in Winckelmanns Leben und Arbeitsweisen sowie in seine frühe Rezeption bietet die Ausstellung in ihrem ersten Teil. Der zweite Teil hingegen verfolgt das außergewöhnliche Anregungspotential seiner Fragestellungen bis in die Gegenwart hinein.

Wenn sich auch nicht jede Antikenrezeption der Moderne auf Winckelmann zurückführen lässt, so sind viele ästhetische und gesellschaftliche Phänomene doch Folgen von Entwicklungen, die von ihm angestoßen oder problematisiert wurden. Vor diesem Hintergrund möchte die Ausstellung zeigen, wie »antik« die Moderne in vielerlei Hinsicht ist und wie »modern«, im Gegenzug, die Antike immer wieder werden kann.