Linie Ein dritter Bereich der Winckelmann’schen Ästhetik betrifft seine ausgesprochene Linien- und Konturversessenheit. Zunächst einmal ist der »Contour« bei Winckelmann eine feine Umrisslinie, die an die Darstellung schöner Körper gebunden ist. Zugleich gerät die Linie bei ihm immer wieder als eigenständige Form in den Fokus. Es sind die mäandrierenden Linien auf dem Rücken des Torso von Belvedere oder die auf die Andeutung von Licht und Schatten verzichtenden reinen Umrisslinien der Vasenmalerei, die sein besonderes Interesse erregen. Aus einem solchen Blick, der die Linie um ihrer selbst willen schätzt, entsteht bei Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829), Asmus Jakob Carstens (1754–1798) oder John Flaxman (1755–1826) ein abstrahierender Umrisslinienstil, der sich im Laufe des 19. Jahrhunderts immer stärker vom Darstellungsgegenstand löst und die freie Linie schließlich autonom werden lässt.